Uslar
An Uslar gibt es
viele Erinnerungen. Die Mummentheys aber kommen darin erst später vor. In
Uslar fand mein Vater nach Kriegsende den ersten großen Arbeitgeber. Vier
Werke hatte die Firma Ilse in Uslar. Ilse und Kohl sagten meine Schwester und
ich, das 'und Co.' kinderetymologisch deutend, ohne böse Absicht.
Verkohlt wurde aber mein Vater etliche Male, wenn er kurz vor Weihnachten
entlassen wurde; so wurde Weihnachtsgeld gespart und noch mehr. Wir waren es
noch gewohnt auch viel längere Strecken zu Fuß zu gehen, die vier
Kilometer von Uslar nach Schoningen, die ich nun in winterlicher Dunkelheit und
Kälte allein ohne meinen Freund zurückgehen mußte, weil ich zur
Weihnachtsfeier bei Ilse und Co. nicht hineingelassen worden war, kamen mir so
lang vor, obwohl sie auch nicht lang genug sein konnten, so sehr schämte
ich mich.
Ab Frühjahr 1951 besuchte ich die
Sollingschule in Uslar, eine zweizügige Realschule. Nach der
obligatorischen Eignungsprüfung kam ich in die 5L, mit dem ' L' für
Land, obwohl auch einige Uslarer, sonst in den Klassen mit 'U', Mitschüler
von mir waren. Bis Dezember 1956, als mein Vater, ab August 1948 bei der
Sollinger Hütte in Uslar beschäftigt, dort auch eine Werkswohnung
bekommt, fahre ich an den Schultagen, mit Ausnahme der Tage, an denen ich krank
war oder bei klirrender Kälte murrend den über Allershausen fahrenden
Bahnbus benutzen mußte, mit dem Rad von Schonigen nach Uslar und
zurück. Das Bild der Schoninger Kirche, mit ihrem gedrungenen
und ausladenden Helmdach, einer Glucke gleich über den sich unter ihr
duckenden Häusern, das nach der vorletzten Wegbiegung vorm westlichen
Dorfeingang erscheint, hat sich mir so eingeprägt, daß ich viele
Jahre später spontan das Auto auf einem Seitenstreifen abstellte,
zurücklief, um dieses Bild als Fotografie festzuhalten. Dann war ich fast
zu Hause, wenn ich den Turm erblickte. Uslar hatte das alte Rathaus und die
Ruine des Schlosses Freudenthal, das Herzog Erich II. 1559 erbauen ließ
und den großen Sohn der Stadt, den Hofoberbaudirektor Laves. Aber es
blieb mir fremd, heimisch war mir nur die Schule, die ich dann 1957
verließ, um eine Lehre in Wetzlar und die Bundeswehrzeit im Westerwald zu
absolvieren. Ab 1962 waren dann Hannover und seine nähere und weitere
Umgebung meine neue Heimat. Uslar wurde in der Urlaubs- und Ferienzeit
besucht.
1956 hatte mein Oheim Emil Mummenthey an
das Pfarramt in Uslar eine längere handschrifliche Anfrage gerichtet. Sein
Schreiben wurde urschriftlich zurückgereicht, mit der unterschriebenen und
besiegelten Bemerkung, der Name Mummenthey sei in den Kirchenbüchern
Uslar-Stadt und Uslar-Land nicht zu finden. Nun ist der Name Mummenthey, auch
in der alten deutschen Schreibschrift recht gut zu erkennen. Die Bibelzitat
Matthäus 7,7 "Bittet, so wird euch
gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch
aufgetan." mag nicht so ganz passen, geht es doch um
die Gebetserhörung, doch hätte sich für die kleine irdische
Bitte wohl Erfüllung finden lassen, wie es z.B. 24 Jahre und eine
Generation später ein Jeinser Pastor bewies.
So dauerte es bis 1972, daß mir nicht nur die Tür
sondern auch das Archiv der Superintendentur geöffnet wurde, um einmal
selbst nach den Mummentheys zu suchen. Da fand ich einen umfangreichen
Briefwechsel zwischen dem Schoninger Ahnherrn Carl Philipp Mummenthey und dem
Uslarer Superintendenten, dessen Schreiben an den Schoninger Pastor, den
Amtmann Wyneken in Uslar, das Konsistorium in Hannover und die Antworten von
dort. Im Bericht zu Schoningen sollen die Inhalte der vielen Fotokopien und
Notizen ausführlich bearbeitet werden. Im Kirchenbuch Uslar-Stadt
entdeckte ich weiterhin zwei Taufeinträge, meine Mutter später
nochmals Carl Philip Mummenthey als Paten 1752 und 1756 bei den Kindern des
Oberamtmanns Schuster. Auch hierzu wird im Schoninger Teil noch zu berichten
sein.
Für die beiden erstgenannten Taufen
liegt nun auch ein beglaubigter Auszug aus dem Kirchenbuch der Evang.-luth.
Kirchengemeinde St. Johannis zu Uslar von 1972 vor!